CANCOM: Katja, du bist Internal AI Chapter Managerin bei CANCOM und beschäftigst dich somit mit topaktuellen Themen. Wie hat dein Weg in die Welt der Künstlichen Intelligenz begonnen?
Katja: Ursprünglich habe ich Kommunikationsdesign studiert und bin in einem SaaS-Unternehmen eingestiegen, wo meine Position als Zwischenstelle zwischen Marketing und Sales diente. Sowohl im Studium als auch in meinem ersten Job kam ich mit KI-basierten Technologien und CRM-Systemen in Kontakt, was mein Interesse direkt geweckt hat. In einer IT-Beratung habe ich später dann ein KI-gestütztes Vertriebstraining entwickelt, das konzernweit ausgerollt wurde. Zudem durfte ich das Training dafür übernehmen, wodurch ich viel vor allem für den Aufgabenbereich User Adoption und Mitarbeiter-Enablement lernte. Anfang 2024 bin ich dann zu CANCOM gekommen, wo ich jetzt die Verantwortung für interne KI-Projekte trage.
CANCOM: Welche Strategie verfolgt CANCOM beim Einsatz von KI-gestützten Tools innerhalb des Unternehmens?
Katja: Im Kern geht es darum, die Produktivität und Effizienz der Mitarbeitenden zu steigern und repetitive Tätigkeiten, die viel Zeit kosten, durch KI zu ersetzen. Oftmals sind das administrative Tätigkeiten, die mit dem Einsatz von KI viel weniger bis keinen händischen Aufwand mehr benötigen und somit den Arbeitsalltag und die eigentliche Arbeitszeit wesentlich effizienter gestalten. Diese gewonnene Zeit kann dann für sinnstiftende und wichtige Aufgaben genutzt werden. Das ist ein großer Vorteil, denn so bleibt mehr Raum für strategische, kreative und wertschöpfende Arbeit.
CANCOM: Welche Maßnahmen setzt ihr um, um die Mitarbeitenden in die neuen Technologien einzuführen?
Katja: Wir haben einen mehrschichtigen Ansatz entwickelt. Zum einen setzen wir auf einen Top-Down-Ansatz, indem wir das Management schulen, sodass die Führungsebene und Multiplikatoren diese Technologien weiter in die Business Units und ihre Teams tragen und ebenso als Ansprechpartner agieren. Gleichzeitig setzen wir auf eine Bottom-Up-Strategie mit Webcasts, Schulungen und Newslettern, um alle Mitarbeitenden direkt anzusprechen. Beispielsweise gibt es Job Talks zur Strategie und Kick-Start-Trainings, um neuen Nutzern Copilot in Microsoft 365 näher zu bringen und somit den Einstieg in die Arbeit mit der KI zu erleichtern. Hier erklären wir unseren Kolleginnen und Kollegen im Detail, wie die KI funktioniert, was sie beim Einsatz beachten müssen, wo sie das Tool finden und geben konkrete Use Cases an die Hand.
CANCOM: Was sind deine konkreten Aufgaben bei der Umsetzung der Strategie?
Katja: Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, erkläre ich kurz, was das Internal AI Chapter konkret macht. Der Tätigkeitsbereich deckt vier Säulen ab:
- Die erste Säule haben wir eben bereits ausführlich angesprochen – das Thema User Adoption: Wie können wir Transparenz schaffen und unsere Mitarbeiter bestmöglich im Umgang mit KI sensibilisieren und schulen?
- Die zweite Säule deckt die Strategie und damit auch unsere interne Roadmap ab. Hier geht es darum, die Anforderungen der Mitarbeiter und die Regulatorien, die von der EU vorgegeben werden, miteinander zu alignen und damit auf die CANCOM Unternehmensstrategie einzuzahlen. Daraus ergeben sich letztendlich die anderen beiden Säulen.
- Säule Drei ist der Einsatz von KIs mit Relevanz für die gesamte CANCOM Gruppe. Hierzu gehört beispielsweise der CANCOM Assistant – unser interner Chatbot, der Einsatz von Microsoft 365 Copilot, weitere Bot-Lösungen, aber auch der Einsatz von Tools für mehr Produktivität und Effizienz im Deadline und Aufgaben-Management sowie von Voice-to-Text-Lösungen, die vor allem in Zukunft eine immer größere Rolle in Bezug auf KI spielen werden.
- Als vierte und letzte Säule fungiert das Internal AI Chapter als Advisor und Initiator für die Entwicklung von KIs für bestimmte Einheiten der CANCOM. Hier schauen wir uns an, ob wir Entwicklungsressourcen inhouse haben oder ob wir ggf. mit externen Anbietern zusammenarbeiten müssen. In diesen Projekten übernehme ich die Projektsteuerung sowohl intern als auch nach extern gerichtet.
Um also deine Frage nach meinen konkreten Aufgaben zu beantworten: Ich bin zu verschiedensten Themen im informellen Austausch mit unseren Mitarbeitenden und Anbietern, entwickle daraus Ideen und Strategien zur Umsetzung, übernehme zudem die Verantwortung und Steuerung der daraus resultierenden Projekte und schule letztendlich die Kollegen und Kolleginnen dazu.
CANCOM: Du hast den CANCOM Assistant angesprochen. Was genau ist das und wie erleichtert er den Arbeitsalltag?
Katja: Der CANCOM Assistant ist unser firmeninterner KI-Assistent, der entwickelt wurde, um Mitarbeitende bei täglichen Aufgaben und der Informationssuche zu unterstützen. Oftmals ist gerade der schnelle Zugriff auf die richtigen Dokumente oder Tools eine Herausforderung und genau hier sparen wir mit dem CANCOM Assistant Zeit. Sollte er vor allem bei technischen Fragen keine konkrete Lösung parat haben, kann er heute sogar schon Tickets erstellen, die dann an die zuständigen Mitarbeiter zur Bearbeitung weitergeleitet werden. Zukünftig soll er die erste Anlaufstelle für alle administrativen Aufgaben sein und somit den händischen Aufwand von beispielsweise Urlaubsbuchungen, Krankmeldungen, Reisen und Hardware-Bestellungen für neue Mitarbeiter auf ein Minimum reduzieren.
CANCOM: Was sind die Unterschiede zwischen einem eigenen Chatbot wie dem CANCOM Assistant und Lösungen wie ChatGPT, LLama, Perplexity und Co.?
Katja: Die frei zugänglichen Modelle wie ChatGPT und Co. sind standardmäßig Open-Source-Modelle. Das bedeutet, dass alles, was wir an Informationen in diese Tools geben, in Rechenzentren außerhalb unseres Unternehmens verarbeitet und gespeichert sowie für Trainingszwecke dieser KI-Modelle verwendet wird. Gerade im Arbeitsumfeld haben wir es jedoch meist mit hoch sensiblen Daten zu tun, die nicht in öffentliche Hände geraten sollen und auf keinen Fall als Datenbasis zu Trainingszwecken von öffentlichen KI-Modellen verwendet werden dürfen. Um das zu verhindern und seinen Mitarbeitern dennoch den Zugang zu KI zu ermöglichen, ist ein firmeninterner Bot wie beispielsweise der CANCOM Assistant eine sichere Lösung, den wir nicht nur intern einsetzen, sondern auch bei Kunden bereits erfolgreich ausgerollt haben.
CANCOM: Wie sieht dein Team aus und gibt es in deinem Job so etwas wie einen „typischen“ Arbeitstag?
Katja: Das Internal AI Chapter ist ein Zusammenschluss unterschiedlicher Key Player aus verschiedenen Abteilungen. Marcel Reifenberger, unser Chief Information Security Officer und Vice President Internal AI, leitet es. Je nach KI und Einsatzszenario arbeiten wir eng mit GIT, Platform Enablement, den Competence Centern, Legal sowie weiteren Fachabteilungen zusammen, was die Projekte abwechslungsreich und dynamisch gestaltet. Einen typischen Arbeitstag habe ich nicht. Es gibt zwar einige feste Meetings, aber abgesehen davon ist mein Tag oft flexibel was die Themen und Absprachen angeht. So schnell wie KI sich weiterentwickelt, so schnelllebig ist auch mein Arbeitsalltag. Eine Konstante, die sich daraus ergibt, ist die Informationsbeschaffung, da man immer auf dem neusten Stand sein muss.
CANCOM: Welche Aufgaben machen dir besonders viel Spaß?
Katja: Besonders schätze ich die Vielfalt meiner Aufgaben und den engen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen. Für mich ist es faszinierend, wie wir durch KI-Prozesse den Arbeitsalltag erleichtern können, und es macht mir Spaß, mich mit neuen Technologien zu beschäftigen. Ein Highlight ist für mich die Arbeit an business-unit-spezifischen Themen, weil dort viel Innovationspotenzial steckt. Interessant finde ich auch den Bereich User Adoption – also wie gut die Tools bei den Mitarbeitenden ankommen. Dabei erhalte ich wertvolles Feedback, beispielsweise nach Schulungen oder Webcasts. Kürzlich durfte ich auf der CANCOM Microsoft Connect einen Slot übernehmen und habe dort über den Einsatz von KI im Vertrieb gesprochen, also z.B. wie man KI für die Gesprächsvorzubereitung nutzen kann, um zielgerichteter und vor allem auch schneller an die relevanten Informationen zu kommen. Interne als auch externe Events geben mir die Möglichkeit, mich mit vielen verschiedenen Ansprechpartnern auszutauschen und dadurch wieder einen neuen Blickwinkel sowohl auf Potenziale als auch auf Lösungsansätze mit KI zu bekommen.
CANCOM: Welche Herausforderungen bringt die Einführung dieser Tools mit sich und wie gehst du damit um?
Katja: Ein großes Thema ist, dass die Kolleginnen und Kollegen die Lösungen tatsächlich nutzen. Es reicht nicht nur, neue Technologien bereitzustellen – die Mitarbeitenden wollen verstehen, wofür sie die Tools konkret einsetzen können. Im Arbeitsalltag vieler fehlt die Zeit, neue Tools eigenständig auszuprobieren – für eine höhere Adaptionsrate müssen neben Transparenz auch Räume zum Austausch und Ansprechpartner für Fragen und zur Informationsweitergabe geschaffen werden.
Ein weiteres Thema ist auf jeden Fall die Sensibilisierungsarbeit hinsichtlich der Datenüberprüfung – stimmt das, was mir die KI als Antwort gibt. Aber auch Datenschutz und Sicherheit müssen besonders berücksichtigt werden – also in welches KI-Modell gebe ich meine Daten hinein. Deshalb durchläuft jede KI-Anwendung bei uns eine strikte Prüfung, bevor sie zum Einsatz kommt. Möchte jemand ein KI-Tool nutzen, muss es zur Genehmigung eingereicht werden, und wir überprüfen dann, ob es unseren datenschutzrechtlichen Anforderungen entspricht. Datenschutz und Sicherheit haben für uns oberste Priorität.
CANCOM:
Vielen Dank für das Interview. Im nächsten Teil erfahrt ihr von Katja, welche Trends, Herausforderungen und Risiken sie bei der Nutzung von KI sieht.